Sie sind hier: Psychologie / Theorien & Modelle / Selbstkonzept

Das Selbstkonzept: Wer ich bin, war & sein will!

Leon Pobuda · Zuletzt aktualisiert: 28. Oktober 2022

Allgemein · 7 Min. Lesedauer

Selbstkonzept

Wer bin ich? Wer war ich? Wer will ich sein? Die Antworten auf diese Fragen kennt unser Selbstkonzept. Was das Selbstkonzept ist und wie Forscher das Konzept in einem Modell erklären, erfährst du in diesem Beitrag.

Definition Selbstkonzept

Das Selbstkonzept besteht aus einer Vielzahl von Selbstbeschreibungen, die das Gesamtwissen über die eigene Person enthält. Diese Selbstbeschreibungen werden im Laufe des Lebens von der Person gesammelt und in ihrem Gedächtnis gespeichert. Dabei umfassen diese Selbstbeschreibungen das Wissen über die eigenen Eigenschaften, Fähigkeiten, Fakten, Interessen und Gewohnheiten (Thomsen, Lessing, Greve & Dresbach, 2018). Weiterhin umfasst das Selbstkonzept neben dem Wissen über die gegenwärtige Person auch das Wissen über biografische und zukünftige Selbstbeschreibungen (Filipp, 2005; Greve, 2000). Das Gesamtwissen über die eigene Person besitzt also Informationen darüber „wie ich bin“, „wie ich war“ und „wie ich sein will“.

Das Selbstkonzept von Shavelson et al.

Selbstkonzept Shavelson

In Ihrem Modell vom Selbstkonzept gehen Shavelson, Hubner und Stanton (1976) von einem allgemeinen Selbstkonzept aus, das sich in ein akademisches und nicht-akademisches Selbstkonzept aufgliedert. Das nicht-akademische Selbstkonzept lässt sich wiederum in die Facetten soziales, emotionales und physisches Selbstkonzept untergliedern. Auf der nächsten Ebene vom akademischen Selbstkonzept stehen verschiedene Fachbereiche (z. B. Mathematik, Deutsch, Geschichte). Beim nicht-akademischen Selbstkonzept lassen sich hingegen noch weitere Unterscheidungen der drei Selbstkonzeptbereiche vornehmen: So beinhaltet das soziale Selbstkonzept die zwei Facetten Familie / Bekannte und Peers, das emotionale Selbstkonzept umfasst das Wissen über die eigenen Emotionen und das körperliche Selbstkonzept unterteilt sich in die beiden Bereiche körperliche Erscheinung und sportliche Kompetenz. Auf der letzten Ebene befinden sich die beobachtbaren Verhaltensweisen einer Person, welche sich in konkreten Situationen zeigen.

7 Eigenschaften vom Selbstkonzept

Das Selbstkonzept wird durch sieben Eigenschaften beschrieben:

  1. Das Selbstkonzept besitzt eine Struktur. Die eingehenden Informationen über die eigene Person werden kategorisiert und in Beziehung gesetzt.
  2. Das Selbstkonzept besitzt mehrere Dimensionen. Dabei repräsentieren die einzelnen Dimensionen die oben genannten Kategorien.
  3. Das Selbstkonzept ist hierarchisch so aufgebaut, dass die Informationen des Selbst von oben nach unten immer spezifischer werden.
  4. Das Selbstkonzept ist stabil. Im Gegensatz zu Veränderungen des globalen Selbstwertgefühls sind Veränderungen eher auf den unteren Ebenen beeinflussbar.
  5. Das Selbstkonzept entwickelt sich. Die Anzahl der Dimensionen nimmt bis zum Erwachsenenalter zu. Zusätzlich differenzieren und entwickeln sich die Dimensionen -vor allem in der Phase der Adoleszenz (zwischen 11. – 21. Lebensjahr) – weiter
  6. Das Selbstkonzept nimmt zugleich Beschreibungen und Bewertungen vor.
  7. Das Selbstkonzept und seine Dimensionen unterscheiden sich voneinander. So sollte die akademische Leistung einen größeren Zusammenhang mit dem akademischen Selbstkonzept aufweisen als mit dem physischen oder sozialen Selbstkonzept.

Die Gültigkeit der sieben Charakteristika, die das Selbstkonzept beschreiben konnten bisher noch nicht für alle hinreichend bestätigt werden. Dies betrifft u.a. die Annahmen über den hierarchischen Aufbau (Marsh & Shavelson, 1985; Marsh & Yeung, 1998) und der Richtung der Einflussnahm, ob bottom-up (von unten nach oben) oder top-down (von oben nach unten) (Kowalski, Crocker, Kowalski, Chad & Humbert, 2003; Marsh & Yeung, 1998).

Wichtige Phase der Entwicklung in der Adoleszenz

Das Selbstkonzept entwickelt sich im Laufe des Lebens. Dabei spielt vor allem der Übergang von der Kindheit zum Jugend- und jungen Erwachsenenalter eine wichtige Rolle, da sich in dieser Phase die Dimensionen des Selbstkonzeptes ausdifferenzieren (Harter, 1999). Die Veränderungen des Körpers, der Kognitionen, Emotionen und sozialen Kontakte führen dabei dazu, dass sich die einzelnen Dimensionen immer trennschärfer voneinander abgrenzen lassen und sich eigenständig entwickeln. Durch diese vielseitigen Einflüsse wird
letztlich auch das Selbstwertgefühl beeinflusst (Bracken & Lamprecht, 2003).

5 Informations-Quellen für das Selbstkonzept

Wenn das Selbstkonzept das Gesamtwissen über die eigene Person enthält, stellt sich die Frage, wie Menschen diese Informationen gewinnen? Laut Filipp (1979; 2005) gibt es 5 Quellen des selbstbezogenen Wissens. Demnach gelangen Menschen an Wissen über sich selbst indem sie

  • direkt mit anderen kommunizieren.
  • die Verhaltensweisen von anderen gegenüber der eigenen Person interpretieren.
  • das Verhalten anderer beobachten und mit dem eigenen vergleichen
  • ihr eigenes Verhalten beobachten
  • über sich nachdenken und dabei bereits gemachte oder aber mögliche zukünftige Erfahrungen in ihre Überlegungen mit einbeziehen

Die Informationen über das selbst entstehen also entweder aus den Verhaltensweisen von anderen Personen oder durch die internen Verarbeitungsprozessen der Person selbst

Quellen

  • Bracken, B. & Lamprecht, M. S. (2003). Positive self-con- cept: An equal opportunity construct. School Psycho- logy Quarterly, 18, 103Ð121.
  • Filipp, S.-H. (2005). Selbst und Selbstkonzept. In H. Weber & T. Rammsayer (Hrsg.), Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psy- chologie (S. 266–276). Göttingen: Hogrefe.

  • Greve, W. (2000). Psychologie des Selbst – Konturen eines Forschungsthemas. In W. Greve (Hrsg.), Psychologie des Selbst (S. 15–36). Weinheim: Beltz.

  • Kowalski, K. C., Crocker, P. R. E., Kowalski, N. P., Chad, K. E. & Humbert, M. L. (2003). Examining the physical self in adolescent girls over time: Further evidence against the hierarchical model. Journal of Sport & Exer- cise Psychology, 25, 5Ð18.
  • Marsh, H. W. & Shavelson, R. J. (1985). Self-concept: its multifaced, hierarchical structure. Educational Psycho- logist, 20, 107Ð125.
  • Marsh, H. W. & Yeung, A. S. (1998). Top-down, bottom- up, and horizontal models: The direction of causality in multidimensional, hierarchical self-concept models. Journal of Personality and Social Psychology, 75, 509Ð 527.
  • Shavelson, R. J., Hubner, J. J. & Stanton, G. C. (1976). Self-concept: Validation of construct interpretations. Review of Educational Research, 46, 407Ð441.
  • Thomsen, T. & Lessing, N. & Greve, W. & Dresbach, S. (2018). Selbstkonzept und Selbstwert. 10.1007/978-3-662-55792-1_5.

Leon Pobuda
Psychologe & Coach

Herr Pobuda ist Experte für Business Coaching, Health Coaching & Life Coaching

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Artikel teilen!

Leon Pobuda

Psychologe & Coach

Herr Pobuda ist Experte für Business Coaching, Health Coaching & Life Coaching

Artikel teilen!

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

Der Coaching Prozess: 4 einfache Schritte zum Erfolg!
Zuletzt aktualisiert: 04. Mai 2022 · 3 Min. Lesedauer
von Leon Pobuda
Die 5 wichtigsten Coaching Fragen
Zuletzt aktualisiert: 26. April 2022 · 3 Min. Lesedauer
von Leon Pobuda
Die 18 häufigsten Coaching Themen
Zuletzt aktualisiert: 27. April 2022 · 4 Min. Lesedauer
von Leon Pobuda